
Schulkleidung
Voll im Trend
Über das Für und Wider von Schulkleidung wird viel diskutiert. Eine Gesamtschule aus Düsseldorf zeigt, dass ein gemeinsamer Look viele Vorteile hat – wenn man es richtig angeht.
Die Joseph-Beuys-Schule ist eine bunte Schule – kulturell gesehen. Betrachtet man jedoch Schüler und Lehrer der Düsseldorfer Gesamtschule genauer, fällt auf, dass hell-und dunkelblaue Kleidung das Schulbild dominieren. Auf vielen Oberteilen ist außerdem oben links das Schullogo eingestickt, der berühmte Filzhut vom Künstler Joseph Beuys in Verbindung mit dem Gründungsdatum. So sieht sie also aus, die Schulkleidung in Deutschland: modern und alltagstauglich.
Die Fünftklässlerin Viviana zupft an ihrem hellblauen T-Shirt herum und meint: „Man gewöhnt sich schnell dran. Und ich finde es gut, dass ich mir morgens keine Gedanken machen muss, was ich anziehe.“ Ihr Klassenkamerad Julian nickt: „Durch die Schulkleidung gibt es auch weniger Streit.“ Die Schulleiterin der Joseph- Beuys-Gesamtschule, Regine Brochhagen-Klein, betont die positiven Effekte der Schulkleidung: die Identifikation mit der Schule, das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die Abkehr vom Markenwahn. „Es geht nicht darum, alle gleich zu machen“, so die Rektorin.
NUR EINE EMPFEHLUNG
Seit den 50er Jahren kommt die Diskussion um Schulkleidung in Deutschland immer mal wieder auf. In letzter Zeit wurde sie vermehrt in Verbindung mit der Forderung nach einheitlichen Dresscodes geführt – wenn wieder einmal die Hotpants der Schülerinnen zu kurz wurden oder Schüler in Jogginghosen im Unterricht herumlümmelten. Jedoch gilt aus rechtlicher Sicht: Das Tragen von einheitlicher Kleidung ist in Deutschland an öffentlichen Schulen immer ein freiwilliger Akt und mit einem langen Abstimmungsprozess verbunden.
An der Joseph-Beuys-Schule hatte am 18. Februar 2008 die Schulkonferenz offiziell und einstimmig die Einführung von Schulkleidung beschlossen. Die Idee kam zunächst aus der Elternschaft, wurde von der Schulleitung aber gerne aufgenommen und dann zusammen mit den Schülern diskutiert. Denn im NRW-Schulgesetz (§42, Abs. 8) steht, dass die Schulkonferenz eine einheitliche Schulkleidung nur empfehlen kann, sofern alle in der Schulkonferenz vertretenen Schülerinnen und Schüler zustimmen. Und auch dann handelt es sich ausdrücklich nur um eine Empfehlung. „Das ist es, was uns die Arbeit macht“, meint Schulleiterin Regine Brochhagen-Klein. „So versuchen wir nun, die Schüler immer wieder neu zu überzeugen.“ Die Einführung der Schulkleidung hat die beteiligten Gremien viel Zeit gekostet. „Wir haben vorher genau geguckt und überlegt, was Schüler normalerweise tragen. Die Kleidung soll ja keine Bürde sein“, so Regine Brochhagen-Klein. Die Schüler können aus verschiedenen T-Shirt-Modellen in verschiedenen Blautönen wählen, dazu gibt es passende Pullis und Jacken. Bei den Hosen und Schuhen haben die Schüler weiter freie Wahl.
Schulkleidung gibt es inzwischen an vielen Schulen in Deutschland – allerdings von den Schülern häufig eher verstanden als Souvenir und nettes Zusatzangebot, nicht unbedingt als alltägliches Kleidungsstück. An der Joseph-Beuys-Gesamtschule sollte Schulkleidung aber von Anfang an mehr sein, als ein bloßes T-Shirt oder ein Pulli mit Logo darauf. Um also trotz der der rechtlich unverbindlichen eine gewisse Verbindlichkeit zu schaffen, hat die Joseph-Beuys-Gesamtschule das Tragen der Schulkleidung unter dem Punkt „Außenwirkung und Vorbild“ in ihre Schulordnung aufgenommen. Dort heißt es: „Wir tragen Schulkleidung in der Abteilung I und II […] und achten besonders darauf, in der Öffentlichkeit als Schülerinnen und Schüler der Joseph-Beuys-Gesamtschule einen positiven Eindruck zu hinterlassen.“ Dazukommt, dass die Eltern vor der Einschulung per Unterschrift bestätigen, dass ihre Kinder Schulkleidung tragen werden. Darauf wird auch bei Infoveranstaltungen und am Tag der offenen Tür hingewiesen – visuell unterstützt mit einer professionellen Modenschau. Und auch die Lehrer selbst tragen mehrheitlich Schulkleidung oder zumindest die Schulfarben.
Doch ein Trend lässt sich trotz aller Bemühungen der Verantwortlichen nicht verhindern. „Die jüngeren Schüler tragen die Schulkleidung wirklich gern, sie identifizieren sich mit ihrer neuen Schule. Aber danach, so ab der achten Klasse, wird der Wunsch nach Individualisierung stärker“, erzählt Armin van de Lücht, der als Abteilungsleiter I für die 5. bis 7. Stufe zuständig ist. In den ersten drei Jahren achten auch alle Lehrer verstärkt darauf, dass die Schulkleidung getragen wird. Sie sprechen Schüler, die sie vergessen haben und keine Schulfarben tragen, darauf an. Und in einigen Fällen schicken sie Schüler – in Absprache oder auf Wunsch der Eltern – sogar wieder nach Hause. Ab der achten Klasse werden die Lehrer nachsichtiger, was den einheitlichen Look angeht. „Die Kollegen achten zwar weiter darauf, aber das Thema darf nicht dominierend sein und zu Konflikten führen, die dann vielleicht das Lernen beeinträchtigen können“, betont die Schulleiterin.
ERZIEHUNGSAUFTRAG
Sie glaubt trotzdem an die positiven Effekte – auch über die siebte Klasse hinaus. Probleme mit zu kurzen Röcken oder Jogginghosen im Unterricht gab es an der Joseph-Beuys-Schule zum Beispiel noch nie. „Ich denke, es macht mehr Sinn, mit Schulkleidung und einer Sensibilisierung für das Thema Kleidung entgegen zu steuern“, so Regine Brochhagen-Klein. „Unser Erziehungsauftrag bedeutet auch, ihnen den richtigen Umgang mit Kleidung beizubringen.“ Einen übermäßigen Markenwahn in anderen Bereichen oder eine verstärkte Abgrenzung zu anderen Schulen hat die Rektorin seit der Einführung der einheitlichen Kleidung 2008 nicht erlebt – häufige Befürchtungen bei der Diskussion um Schulkleidung.
Die neue Kollektion hängt bereits auf großen Kleiderstangen in der Schule zur Ansicht aus. Noch vor ihrem ersten Schultag können die neuen Fünftklässler die verschiedenen Oberteile anprobieren und die erste Bestellung aufgeben. Keine leichte Entscheidung – immerhin wird diese Kleidung sie nach den Sommerferien täglich begleiten.
SO WIRD SCHULKLEIDUNG ZUM ERFOLG
- Rechtlichen Rahmen im Blick haben: Jedes Bundesland hat eine eigene Regelung bezüglich Schulkleidung. Jedoch gilt für alle Schüler deutschlandweit das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (GG, Artikel 2). Das bedeutet, dass verpflichtend eingeführte Schulkleidung an öffentlichen Schulen nicht möglich ist. Eine freiwillige Einführung und eine Empfehlung der Schulkonferenz setzt daher eine Abstimmung aller Beteiligten – Lehrer, Eltern und Schüler – voraus.
- Eine Strategie entwickeln: Zuerst sollten verschiedene Anbieter von Schulkleidung verglichen werden. Das empfiehlt die Joseph-Beuys- Gesamtschule in Düsseldorf, die den Anbieter bereits nach kurzer Zeit gewechselt hat. Auch ein Probetragen der Kleidung sollte organisiert werden. Damit die Schulkleidung von den Schülern trotz hochwertiger Qualität dann nicht sofort ganz hinten in den Kleiderschrank gelegt wird, ist es sinnvoll, sich vorher über Trends und Vorlieben der Jugendlichen Gedanken zu machen. Es sollte ein Konzept ausgearbeitet werden, das verschiedene Formen und Farben zum Kombinieren beinhaltet und alltagstauglich ist.
- Attraktive Angebote schaffen: Die Beschaffung der Schulkleidung sollte keinen großen Aufwand darstellen. So kann in einem auf der Schul-Homepage integrierten Online-Shop jederzeit Kleidung bestellt werden. Die Schulkleidung sollte außerdem den finanziellen Rahmen nicht sprengen. Die Joseph-Beuys-Schule rechnet mit 70- 80 Euro für eine Komplettausstattung, bestehend aus jeweils 2-3 Shirts und Pullis/Jacken. Außerdem organisiert die Düsseldorfer Gesamtschule jährlich zum Sommerfest eine Rabattaktion und einen Second-Hand-Verkauf, bei dem sich die Schüler für das neue Schuljahr eindecken können.
Text: Laura Millmann /Agentur für Bildungsjournalismus
Fotos: Tina Umlauf / Agentur für Bildungsjournalismus

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